Update beim Duden

5000 Wörter sind in den Duden neu aufgenommen worden. Sie reichen von Berliner Klassikern wie ick/icke (ich) und Späti (Spätverkauf) bis hin zu modernen Begriffen wie Selfie (mit der Digitalkamera aufgenommenes Selbstporträt). Der Duden will weg vom Image des angestaubten Nachschlagewerks und auch Spaß an Sprache vermitteln (Gisela Gross/dpa). Mit jeder Auflage werden neue Entwicklungen im Wortschatz abgebildet. Uns interessiert, welche Wörter diesmal aus anderen Sprachen dazugekommen sind: Wie weltoffen ist der Duden?

Die Süddeutsche Zeitung hat einen hübschen Aufmacher parat: „Hey, hast du auf dieser Abrissparty am Wochenende die fancy Chica gesehen, die den Adblocker gecrackt hat?“ Wer hier nicht alles mitkommt, findet diese Wörter in der Online-Ausgabe des Duden. Was der Satz recht gut rüberbringt sind typische Merkmale der neuen Entlehnungen. Unter diesem Aspekt haben wir Lehnwörter aus den Neuzugängen im Duden (Lexikographieblog) herausgefiltert. Hier ist eine Übersicht ausgewählter Beispiele:

(1) Herkunft: Die meisten Lehnwörter kommen (erwartungsgemäß!) aus dem Englischen, nur wenige aus anderen Sprachen. Englische Lehnwörter sind vor allem in folgenden Bereichen verbreitet:

Digitale Technik

  • Dashcam, die: kleine Kamera in einem Fahrzeug, die die Fahrt aufzeichnet
  • Social Bot, der: Computerprogramm, das wie ein Mitglied eines sozialen Netzwerks agiert
  • Streaming, das: Verfahren, bei dem die Daten bereits während der Übertragung angesehen oder angehört werden können

Lebensstil

  • Citylightposter, der/das: von hinten beleuchtete Glasfläche mit rotierenden Werbemotiven
  • Flexitarier: Person, die sich überwiegend vegetarisch ernährt, aber auch gelegentlich hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch zu sich nimmt
  • Hoodie, der/das: Jacke oder Pullover mit Kapuze
  • oldschool: klassisch, nostalgisch; veraltet
  • Work-Life-Balance, die: ausgewogenes Verhältnis zwischen beruflichen Anforderungen und privaten Bedürfnissen einer Person

Zeitgeschichte

  • Brexit, der: Austritt Großbritanniens aus der EU (angestrebt!)
  • Fake News: in den Medien in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen

Lehnwörter aus anderen Sprachen hingegen sind eher Eigennamen oder haben eine spezielle Bedeutung:

  • Bobo, der: Spaßmacher, Narr im spanischen Theater (spanisch bobo = dumm, albern)
  • Emoji, das: Piktogramm, das auf Gefühlslagen, Gegenstände, Orte, Tiere, Essen o. Ä. verweist (japanisch emoji = Piktogramm)
  • Maidan, der: Namensbestandteil zahlreicher Plätze; ukrainische Protestbewegung (arabisch maidan = großer Platz)
  • Matcha, der: sehr fein gemahlener grüner Tee (japanisch matcha = gemahlener Tee)
  • Namaste, das: besonders unter Hindus (in Indien) verbreitete traditionelle Form der Begrüßung (Sanskrit/Hindi nạmas = Verbeugung und te = dir)
  • Tikitaka, das: auf geringe Entfernung gespieltes Passspiel (spanisch tiquitaca)

Nur wenige der anderssprachigen Wörter beziehen sich auf allgemeine Situationen:

  • Chico, der: [kleiner] Junge (spanisch chico; hergeleitet aus lateinisch ciccum = Geringes, Unbedeutendes); weibl. Form: Chica, die (spanisch: ‚klein‘ bzw. ‚die Kleine‘, ‚das Mädchen‘)
  • Hygge, die: Gemütlichkeit, Heimeligkeit als Lebensprinzip (dänisch/norwegisch hygge = Behaglichkeit); dazu: hyggelig: gemütlich, heimelig (wir machen es uns hyggelig)

(2) Wortbildung: Für englische Entlehnungen sind folgende Wortbildungsmuster typisch*):

Englische und deutsche Wörter werden zusammengesetzt:

  • Cyberkrieg: hochtechnisierte Form der modernen Kriegführung
  • durchzappen: mit der Fernbedienung schnell nacheinander viele Programme wählen (to zap = umschalten)
  • Wow-Effekt: sehr positiver Überraschungseffekt (wow = toll!)

Adjektive werden aus englischen Wörtern mithilfe deutscher Nachsilben gebildet:

  • downloadbar: für einen Download (zum Herunterladen) verfügbar
  • chillig  (chill+ig): entspannt, unaufgeregt, ruhig
  • pixelig (pixel+ig): durch zu geringe Auflösung mit Treppen statt Linien oder durch schlechten Empfang aus Klötzchen zusammengesetzt (von digitalen Bildern)

Englische Bezeichnungen für Personen erhalten eine weibliche Ableitung:

  • Clickworker/Clickworkerin: eine Person, die im Internet vermittelte Aufträge freiberuflich für [ein] Unternehmen erledigt

Englische Verben werden nach deutschen Regeln gebildet und gebeugt:

  • facebooken: das Netzwerk Facebook benutzen
  • liken: über eine Schaltfläche („Like“) positiv bewerten
  • taggen: Schlagwörter in einem Text markieren
  • tindern: die Datingplattform Tinder benutzen
  • tracken: den aktuellen Aufenthaltsort von jemandem/etwas verfolgen

Interessant ist bei diesen Verben, wie das Partizip gebildet wird. Nach deutscher Regel heißt es z.B. getrackt (ge + Wortstamm track + t), ebenso gefacebookt (wenn man das sagen will!). Bei liken finden wir zwar auch gelikt, aber häufiger geliket oder geliked (vgl. Lexikographieblog). Letztere Form entspricht dem englischen Muster.

Wie kann man das Anpassen englischer Lehnwörter an deutsche Wortbildungsmuster beurteilen? Manchen mag dieser Trend merkwürdig oder bedenklich wenn nicht gar für das Deutsche bedrohlich erscheinen. Andere sehen diesen Trend hingegen als Zeichen dafür, dass die deutsche Sprache lebendig und gesund ist und sich ständig fortentwickelt.

Noch ist vieles ungeklärt bzw. im Fluss: wie Entlehnungen in einzelnen Sprachsituationen geschrieben werden, in welcher Bedeutung sie verwendet werden, wieweit sie sich überhaupt durchsetzen oder ob sie bei einer späteren Auflage des Duden wieder verschwinden werden. Wir alle können beim Sprechen, Schreiben und Diskutieren an diesen Entwicklungen mitwirken!

Sabine Manning

*) vgl. Beitrag „Hybrid-Anglizismen“ von Helmut Reisener auf AngliLupe

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