Was bieten Programme zur Textprüfung für Leichte und Einfache Sprache?
Wo es viele Regeln gibt, kann man viel falsch machen. Das erleben wir ständig beim Schreiben. Und wir sind froh, wenn uns ein Programm zur Rechtschreibprüfung auf Fehler hinweist (auch wenn mitunter Richtiges angekreidet und Falsches übersehen wird!). Mit Regeln gespickt ist auch die Leichte bzw. Einfache Sprache (vgl. hierzu den Beitrag Hauptsache verständlich!). Nur sind diese Regeln – über die Rechtschreibung hinaus – speziell auf Verständlichkeit gerichtet. Beispielsweise sollen Wörter oder Sätze kurz und einfach sein. Wieweit kann ein Programm prüfen, ob diese Regeln in einem Text eingehalten werden?

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Beide Programme beziehen sich zudem auf unterschiedliche Regelwerke für Leichte Sprache. LanguageTool weist Nutzer auf das Netzwerk Leichte Sprache hin. Die Webseite von Hurraki (Wörterbuch für Leichte Sprache), die ebenfalls das LanguageTool anbietet, verweist auf die Leitlinien von Inclusion Europe für Leichte Sprache. Doch es gibt, wie beide Anbieter betonen, keinen offiziellen Standard für Leichte Sprache. Praktisch entwickelt eine freie Netzgemeinschaft die Textprüfung von LanguageTool. Die Entwickler vom TextLab wiederum arbeiten mit der Forschungsstelle für Leichte Sprache der Universität Hildesheim zusammen.
Schließlich unterscheiden sich beide Programme in der Benutzeroberfläche. Beim LanguageTool werden alle Regelverstöße im Text auf einmal markiert. Beim Anklicken erscheint für jeden ‚Fund‘ eine Erläuterung. So hat man einen schnellen Überblick. Doch wenn ein Wort gegen mehrere Regeln verstößt, wird nur ein Verstoß sichtbar. Beim TextLab hingegen kann man den Text nacheinander auf einzelne Kriterien hin prüfen. Zugleich wird ein Indexwert für Verständlichkeit angezeigt: von 0 (gering) bis 20 (hoch). Auf dieser Skala soll Leichte Sprache mindestens die Marke 18 erreichen.
Beide Programme gehen also recht unterschiedlich an die Textprüfung heran. Als Nutzer interessiert uns vor allem, was sie dabei leisten. Nach welchen Kriterien prüfen sie den Text? Wieweit berücksichtigen sie die Regeln für Leichte und auch für Einfache Sprache? Hier sind die bisher ermittelten Prüfkriterien (vgl. dazu die ausführliche Übersicht Textprüfung Einfache+Leichte Sprache):
- Auf Wortebene erkennen beide Programme lange Wörter (LanguageTool: mit mehr als 13 Buchstaben, TextLab: mit mehr als 10 Buchstaben), Abkürzungen (bei TextLab mit Angabe der vollständigen Form) und den Konjunktiv. LanguageTool markiert außerdem den Genitiv, das Präteritum (auch bei Hilfsverben) und Zahlwörter (mit den Hinweisen: ‚Zahlen als Ziffern schreiben‘, ‚hohe Zahlen/ Prozentzahlen vermeiden‘). TextLab zeigt noch Füllwörter, Modalwörter und Nominalisierungen an. Wichtig sind vor allem Prüfkriterien für Verständlichkeit: Beide Programme bieten eine Auswahl schwieriger Wörter an (TextLab mit dazugehörigen Synonymen). Zudem hat TextLab Listen für abstrakte Substantive, Anglizismen, Fachwörter (Finanzen/Versicherungen, Juristendeutsch und medizinische Fachbegriffe) sowie Fremdwörter. LanguageTool sammelt außerdem Metaphern.
- Auf Satzebene zeigen beide Programme lange Sätze (mit mehr als 12 Wörtern) an. Zusätzlich weist TextLab auf Sätze mit mehr als einer Informationseinheit, Sätze mit mehr als zwei Satzteilen und auf Nebensatzkonjunktionen hin. Beide Programme erkennen auch Sätze im Passiv und Verneinungen. TextLab markiert darüber hinaus Infinitivkonstruktionen, negative Formulierungen und Sätze im Nominalstil. LanguageTool verweist auf indirekte Rede.
- Auf Textebene bieten die Programme wenig, denn sie prüfen Texte nur unformatiert. LanguageTool erkennt Sonderzeichen, und beide Programme markieren Verweise.
Für die Textprüfung gibt es also eine Fülle von Kriterien. Wie geht man am besten damit um? Für die eher streng geregelte Leichte Sprache mag es sinnvoll sein, alle zutreffenden ‚Funde‘ im Text zu bearbeiten. Für die flexiblere Einfache Sprache hingegen sind nicht alle Prüfkriterien relevant oder dringlich. Vorrang sollten diejenigen haben, die am meisten die Verständlichkeit eines Textes beeinflussen. Dazu gehören: komplizierte Sätze (lange Sätze, Sätze mit mehr als einer Informationseinheit und Sätze mit mehr als zwei Satzteilen) und unbekannte Wörter (Fachwörter, Fremdwörter und schwierige Wörter). Für diese Prüfkriterien ist TextLab vorteilhaft.
Was die Programme bieten sind natürlich nur formale Hinweise. Ob diese zutreffen oder entbehrlich oder gar abwegig sind, kann allein der Nutzer entscheiden. Unsere Tests sollten auch nicht ermitteln, wie zuverlässig die Programme prüfen, sondern lediglich, welche Kriterien sie anwenden. Beide Programme werden zudem laufend weiterentwickelt. An LanguageTool kann jeder mitarbeiten (Make LanguageTool Better). Hilfreich sind viele Tests in der Praxis. Wer also gerade an einem Text in Einfacher oder Leichter Sprache arbeitet: einfach mal prüfen! Anregungen und Erfahrungen sind willkommen.
Sabine Manning
Update 24.03.2018
Pingback: Prüf·programme geprüft | Hurraki Tagebuch
Im Hurraki Tagebuch ist der Beitrag „Prüfprogramme geprüft“ erschienen (siehe Pingback oben):
https://hurraki.de/blog/pruef%c2%b7programme-geprueft/
Vielen Dank für diesen leicht verständlichen Überblick mit Hinweis auf unseren Blog!
Auf Multisprech gibt es jetzt eine Übersicht der Regeln, die LanguageTool zur Prüfung auf Leichte Sprache verwendet:
https://multisprech.org/einfache-sprache/einfach-schreiben/languagetool-leichte-sprache/
Die Webseite von LanguageTool verweist auf diese Übersicht – vielen Dank!
https://www.languagetool.org/de/leichte-sprache/
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